Mantrailing als Ergänzung zum Anti-Jagd-Training

20. September 2021

Beim Mantrailing verfolgt der Hund die Geruchsspur einer Person und arbeitet selbstständig an einer langen Leine. Er soll seinen Hundeführer „mitnehmen“, nach vorne arbeiten und sich voll und ganz auf die Spur fokussieren. Beim Anti Jagd Training arbeiten wir an Elementen wie Ansprechbarkeit, Orientierung am Hundeführer und das zuverlässige Ausführen von Signalen unter hoher Ablenkung. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass dies gegensätzlich ist und sich nahezu ausschließt. Dennoch ergänzen sich diese beiden Elemente wunderbar. Warum? Nun, dazu müssen wir etwas ausholen.

Immer der Nase nach ...

Für das Anti Jagd Training werden häufig Hunde vorstellig, die sehr selbstständig unterwegs sind, draußen jeder Spur nachgehen und schnell ihren Besitzer „vergessen“. Die Nasenarbeit ist häufig durch eine lange Selektionsgeschichte in spezieller Form gefördert worden und die Hunde wurden für einen bestimmten „Job“ gezüchtet. Sie stöbern, sie verfolgen eine Spur, sie suchen mit hoher Nase im Wind oder suchen akribisch im hohen Bewuchs. Was „des einen Freud, ist des anderen Leid“, denn im Alltag möchte der Hundebesitzer, sofern er den Hund nicht jagdlich führt, normalerweise nichts von all diesen Elementen aus der Jagdverhaltenskette, vor allem nicht, wenn der Hund sie ohne Besitzer ausführt.

Hier wird es nun spannend. Wir müssen uns bewusst machen, dass der Hund diese genetischen Merkmale nicht einfach „abstellen“ kann. Im Anti Jagd Training arbeiten wir an einer Kontrollierbarkeit dieser Dinge. Dennoch ist es dem Hund ein Bedürfnis, diese Aktivitäten auszuführen. Im Idealfall greifen wir die Hobbys des Hundes also an anderer Stelle wieder auf und sorgen dafür, dass er diese in einem von uns vorgegebenen Rahmen ausführen darf. Wir sorgen für Bedürfnisbefriedigung durch eine entsprechende Auslastung. Und genau hier kann Mantrailing ins Spiel kommen und zwar für all die Hunde, die gern und viel mit der Nase unterwegs sind.

Beim Trailen gebe ich dem Hund vor, welche Geruchsspur er verfolgen soll, nämlich die eines Menschen. Er arbeitet mit mir als Team, hat aber die deutlich bessere Nase und kann diese Fähigkeit voll und ganz ausschöpfen. Gerade die Nasenarbeit macht viele Hunde glücklich, müde und ausgeglichen. In vielen Fällen wird der Effekt erzielt, dass der Hund sich über das Mantrailing das „holt“, was er sonst draußen in freier Umgebung mit Wildspuren machen würde. Ich habe einige Hunde im Training, die durch das Mantrailing und die damit einhergehende Auslastung in der Freizeit wieder ableinbar sind. Andersrum habe ich es ebenso erlebt, dass der Hund plötzlich nicht mehr ableinbar war, nachdem die Arbeit im Mantrailing eingestellt wurde, denn: Der Hund hat sich durch das Verfolgen „wilder Spuren“ draußen selbst eine Beschäftigung gesucht, um auf seine Kosten zu kommen.

Für Hunde, die also sowieso viel mit der Nase unterwegs sind, ist das Mantrailing absolut genial. Trotzdem sollte man immer schauen, welche Suchenform der Hund bevorzugt. Ein Hund, der naturgemäß Hochwind arbeitet, muss erstmal verstehen, dass im Mantrailing etwas anderes gefordert wird, nämlich eine Spur zu verfolgen. Natürlich kann ein Hund dies lernen, man muss sich aber vor Augen führen, dass ihm dies u.U. nicht als erstes einfallen wird. Ein gut durchdachtes, schrittweises Training ist hier nötig.

Im Umkehrschluss möchte ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass ein Hund, der naturgemäß eben nicht so viel mit der Nase unterwegs ist, wie z.B. ein Hütehund oder ein Windhund, zwar durchaus Mantrailing lernen kann, man sich aber gut überlegen sollte, ob es sinnvoll ist. Denn ich zeige dem Hund das Konzept Nase mit viel Emotion und Belohnung und es ist gut möglich, dass er die Nase auch im Alltag intensiver anwendet. Aus einem Sichtjäger wird ein Hund, der zusätzlich über die Nase arbeitet. Dies MUSS nicht passieren, KANN es aber. Natürlich ist jeder Hund anders. Ich habe auch Hütehunde im Training, die schon naturgemäß so viel mit der Nase aktiv sind, dass das Mantrailing einfach ein hervorragendes Hobby für sie ist.

Dein Hund ist so individuell wie Du

...und das solltest Du in jedem Fall immer mit beachten!

Meine Windhund Hündin z.B. hat gar kein Interesse an Spuren und jagt, der Rassebeschreibung entsprechend, nur auf Sicht. Ich habe mich bewusst dagegen entschieden, ihr Mantrailing beizubringen, damit es auch dabei bleibt.

Mein Schweißhund dagegen ist speziell für diese Arbeit angeschafft worden und bringt rein genetisch natürlich das Element „Verfolgen“ aus der Jagdverhaltenskette mit. Er trailt bereits seit seiner 8. Lebenswoche. Er kann sich draußen in der Natur viel besser kontrollieren, wenn er über das Mantrailing ausgelastet ist.

Zum Abschluss möchte ich nochmal auf eine ungewöhnliche Variante der Ergänzung vom Anti Jagd Training und Mantrailing hinweisen. Wer das Mantrailing ambitioniert betreibt, wird evtl. bei einem spezialisierten Jagdhund in Gegenden wie Wald und Wiese plötzlich das Problem der Ablenkung durch Wildspuren feststellen. Hier zahlt sich ein gutes Jagdkontrolltraining aus! Wenn der Hund gelernt hat, seine Erregung zu kontrollieren, ggf. Wild anzuzeigen statt zu verfolgen und auf Signale des Hundeführers unter Ablenkung zu reagieren, kann er diese Situation viel besser meistern. Hat das Team dann noch einen guten Trail Trainer, der die Motivation im Auge hat, ist diese Herausforderung durchaus zu meistern. Hier gehen Jagdkontrolltraining und Mantrailing wieder einmal Hand in Hand.