Die Sache mit dem ehrlichen Mantrailing

19. September 2021

Man liest es überall bei mir, was meine ich denn nun damit?

Es geht mir darum, Leistungen des Hundes bzw. des Mensch/Hund Teams sachlich zu beurteilen.

Emotionen machen uns leider viel zu oft einen Strich durch die Rechnung. Der eigene Hund ist der Beste, stimmt schon. Und das eigene Ego ist so befriedigt, wenn der Hund immer und überall ankommt und alle Hindernisse schafft. Aber können wir dem Hund und damit irgendwie auch uns eingestehen, einen Fehler gemacht zu haben oder einfach mal eine Leistung nicht gebracht zu haben?

Wenn du hier mit nein antwortest, ist ein Anbieter, der dich und deinen Hund immer ankommen lässt und dann freudig erzählt, dass du einen richtig guten Mantrailer an der Leine hast die bessere Wahl. In der Regel schaffen sie es dort auch relativ schnell, mehrere Stunden oder gar Tage alte Trails zu laufen.

Beim ehrlichen Mantrailen ist das anders. Denn: die Wahrheit tut meistens weh. Trails werden abgebrochen, der Hund kommt ins Auto und Frauchen oder Herrchen sind hin und wieder auch mal gefrustet. Der Hund im Übrigen nicht. Im Gegenteil: beim nächsten Trail steigt oftmals die Motivation.

Warum werden Trails abgebrochen?

Einfache Antwort: weil der Hund nicht arbeitet und/oder sich anderen Dingen wie Pippi oder sonstigen interessanten Dingen widmet. Keine Arbeit, keine Kekse. Den Hund trotz seiner Nebentätigkeiten ankommen zu lassen hat keinen Lerneffekt. Zumindest keinen, den wir uns wünschen. Denn in Zukunft sagt sich der Hund „Warum anstrengen, wenn die mich hinbringen?“.

Oder aber der Hund steckt in einer Situation, die für ihn neu oder so problematisch ist, dass er (noch) keinen Lösungsweg hat. Oder die Umwelt spielt einen Streich und sorgt dafür, dass die Arbeit unterbrochen wird. Da kreuzt eine läufige Hündin, der Wind geht dermaßen, dass der Hund keinen Trail mehr findet, die Kreuzung mit dem bellenden Hund am Zaun ist einfach zu viel… 

In vielen Hundesport-Disziplinen sind Fehler ganz normal – beim Agility reißt der Hund eine Hürde, beim Obedience ist die Sitzposition mal nicht ganz korrekt usw. Im Mantrailing soll das plötzlich ganz anders sein? In jedem Bereich der Hundeerziehung weiß man, dass ein schrittweises Training nötig ist. Beim Trailen staune ich doch manchmal nicht schlecht, was die Hunde in kurzer Zeit angeblich arbeiten können. Aber auch hier gibt es keine Maschinen. 

Motivation ist die Basis jedes Training

Motivation ist die Grundlage für einen freudig arbeitenden Hund, der selbständig Probleme löst und ankommen will. Motivation und Selbstständigkeit sind für mich hier die Schlagwörter. Nicht „ich schiebe den Hund ins Ziel, damit hinterher alle glücklich sind“. 

Warum überprüfen wir die Leistung doubleblind (also ohne, dass jemand weiß, wo der Trail liegt)? Wieder eine einfache Antwort: weil das die einzig wahre Überprüfung eines Teams sein kann. Genau so wäre es im Einsatz, denn dort weiß auch niemand mehr, wo die vermisste Person ist. So kann ich auch ausschließen, dass der Hund sich an der Körpersprache eines Menschen orientiert. Denn Hunde sehen mehr, als wir glauben. Der erste doubleblind Trail ist etwas ganz Besonderes. Plötzlich ist niemand mehr da, der helfen kann. Niemand hält einen an, um zu sagen „Du bist falsch“. Nur noch du und dein Hund. Das ist das Ziel der Hundeschule „Find your man!“: Du verstehst deinen Hund, dein Hund weiß, was er tut und ihr findet als Team die Versteckperson. Ich gebe zu, das hat nicht viel mit Bauchpinseln zu tun, tut manchmal weh, ist aber ehrlich. Man sollte sich im Training immer fragen, ob man den Trail auch doubleblind geschafft hätte. Ist das nicht der Fall, identifiziere ich die problematische Situation und arbeite gezielt daran, bis es klappt.

Und? Bist du bereit, ins ehrliche Mantrailing einzusteigen?